05/2023-ISRAEL – Ostpreußendamm sagt Schalom

Jahresmotto 2023: "Vielfalt leben - Israel"

Jahresmotto 2023: "Vielfalt leben - Israel"

Israel / Mai 2023

Der Mai ist reich an Feier- und Gedenktagen: Maifeiertag, Christi Himmelfahrt, häufig auch Pfingsten. Am 8. Mai wird alljährlich der Kapitulation der Deutschen Wehrmacht und der Befreiung Deutschlands vom NS-Regime im Jahre 1945 gedacht, der 9. Mai seit 1986 als „Europatag der Europäischen Union“ gefeiert.

Heuer gesellte sich ein besonderer Ehrentag hinzu: Am 14. Mai 2023 gedachte der Staat Israel seiner Gründung vor 75 Jahren. In diesem Wissen war es naheliegend, sich um den Staat Israel als Gastland des Jahresmottos „Vielfalt leben“ des Kommunikationszentrums am Ostpreußendamm 52, 12207 Berlin, zu bemühen. Mit der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Berlin und Brandenburg e.V. (DIG) konnte die Lichterfelder Seniorenfreizeitstätte einen kompetenten und in der Sache engagierten Kooperationspartner gewinnen. An insgesamt fünf Terminen, verteilt über das ganze Jahr, wird Israel als attraktives Reiseland vorgestellt und in dessen Geschichte, Kultur, Religion und Kulinarik eingeführt. Die Reihe „Vielfalt leben“ wird nach 2021 (Gastland Korea) und 2022 (Gastland Argentinien) heuer zum dritten Mal durchgeführt.

Frühlingsidylle, geschmückt mit den israelischen Fahnen: Die Freizeitstätte am Ostpreußendamm 52

Frühlingsidylle, geschmückt mit den israelischen Fahnen: Die Freizeitstätte am Ostpreußendamm 52

Die Vielfalt-leben-Auftaktveranstaltung 2023 fand am 9. Mai statt, nur wenige Tage vor den Jubiläumsfeierlichkeiten des Staates Israel. In einer Pressemitteilung des Bezirksamtes vom 28. April erklärte Tim Richter, Bezirksstadtrat für Bürgerdienste und Soziales:

„Es war uns in Steglitz-Zehlendorf ein Anliegen, am 75. Gründungstag des Staates Israel ein Zeichen der Völkerverständigung zu setzen. Deshalb freut es mich sehr, dass wir Israel als diesjähriges Gastland der Reihe ‚Vielfalt leben‘ gewinnen konnten. Im Namen des gesamten Bezirksamtes Steglitz-Zehlendorf danke ich der Deutsch-Israelischen Gesellschaft ganz herzlich für ihre Unterstützung. Ich bin davon überzeugt, dass die Veranstaltungsreihe dazu beiträgt, die Neugier auf Israel als lohnendes Reiseziel zu entfachen und zu stärken. Beziehung ereignet sich immer dort, wo Menschen unterschiedlicher Kulturen und Religionen einander respektvoll begegnen. Eine wesentliche Triebfeder, für Besuche in Israel zu werben, ist auch unser gemeinsames Ziel, antisemitische Einstellungen zu überwinden.“

9. Mai 2023: Ein Buddy-Bär für Jochen Feilcke als Zeichen für Weltoffenheit und Toleranz - rechts der Vorsitzende der DIG Berlin und Brandenburg, links Bezirksstadtrat Tim Richter

9. Mai 2023: Ein Buddy-Bär für Jochen Feilcke als Zeichen für Weltoffenheit und Toleranz - rechts der Vorsitzende der DIG Berlin und Brandenburg, links Bezirksstadtrat Tim Richter

Kunstwerke von ukrainischer Kinderhand: Ilona Safyanenko (zuständig für Flüchtlingsangelegenheiten bei der Stadt Oranienburg, Mitte), links daneben Bezirksstadtrat Richter; rechts DIG-Vorsitzender Feilcke, links daneben DIG-Vorstandsmitglied Kathrin Koelle

Kunstwerke von ukrainischer Kinderhand: Ilona Safyanenko (zuständig für Flüchtlingsangelegenheiten bei der Stadt Oranienburg, Mitte), links daneben Bezirksstadtrat Richter; rechts DIG-Vorsitzender Feilcke, links daneben DIG-Vorstandsmitglied Kathrin Koelle

Etappe 1 am 9. Mai 2023: Auftaktveranstaltung „Vielfalt leben“

Zu Beginn der gemeinsamen virtuellen Reise nach Israel gab Jochen Feilcke, Vorsitzender der DIG Berlin und Brandenburg und ehemaliges Mitglied der BVV Schöneberg (1971-1975), des Berliner Abgeordnetenhauses (1975-1983) und des Deutschen Bundestages (1983-1998), einen Überblick über Geschichte, Land und Leute eines überaus spannenden Landes.

Daran anschließend stellte die israelische Künstlerin Sveta Esser-Pauker ihr aktuelles Integrations-Kunstprojekt vor, das sie in Workshops mit ukrainischen Flüchtlingskindern im Alter von 6 bis 18 Jahren gestaltet hat. Die Künstlerin wurde in der damaligen Ukrainischen Sowjetrepublik geboren und studierte in Russland, das damals den weitaus größten Teil der sowjetischen Landmasse ausmachte. Seit 1995 lebte sie in Israel, von wo aus sie 2011 ins brandenburgische Oranienburg umzog. Sekundiert wurde Frau Esser-Pauker bei ihrem israelisch-deutsch-ukrainischen Brückenschlag von Ilona Safyanenko, die sich bei der Stadt Oranienburg um Flüchtlingsangelegenheiten kümmert.

Bis auf den letzten Platz gefüllt: Freizeitstättenleiterin Stefanie Müller begrüßt die Gäste bei der Israel-Auftaktveranstaltung am 9. Mai 2023

Bis auf den letzten Platz gefüllt: Freizeitstättenleiterin Stefanie Müller begrüßt die Gäste bei der Israel-Auftaktveranstaltung am 9. Mai 2023

Von großer Sachkenntnis und großer Liebe zum Land zeugte die Tour d’Horizon quer durch Israels Geschichte, die Jochen Feilcke seinem Auditorium präsentierte. Den Weg des jüdischen Volkes zur Staatsgründung am 14. Mai 1948 machte er an drei zentralen historischen Wegmarken fest: Am Beginn des Zionismus, also dem Bestreben, eine nationale Heimstatt für alle Juden zu schaffen, stand der erste Zionistische Weltkongress, den Theodor Herzl (1860-1904) im Jahre 1897 nach Basel einberief. „Wenn ihr es wollt, ist es kein Traum“, soll Herzl damals in fast prophetischer Voraussicht gesagt haben. Tatsächlich beschlossen die Vereinten Nationen 50 Jahre später, am 29. November 1947, einen Teilungsplan, der eine Zweistaatenlösung auf dem damaligen britischen Protektoratsgebiet in Palästina vorsah. Bereits 20 Jahre nach dem Weltkongress, im Jahre 1917, hatte der damalige britische Außenminister die sogenannte „Balfour-Deklaration“ vorgelegt, die den Juden das Recht zusprach, in einem eigenen Staat zu leben. Obwohl in den Folgejahrzehnten Israel und die Palästinenserbehörde wiederholt vor einem Durchbruch standen, ist der Traum von einer friedlichen Zweistaatenlösung bis heute nicht verwirklicht.

Deutsch-Israelische Gesellschaft Berlin und Brandenburg e.V.

Als Jochen Feilcke die 75-jährige Erfolgsgeschichte Israels jenseits von kriegerischen Auseinandersetzungen bild- und kenntnisreich nachzeichnete, wurde sehr schnell klar, dass das Land viel mehr ist als der Entwickler von Kirschtomaten und Exporteur von Jaffa-Orangen: Israel ist Hightech-Land und ein Paradies für Startup-Firmengründer. „Es gibt kein Smartphone in der Welt ohne israelische Technik“, betonte er. Der wichtigste „Bodenschatz“ eines an tatsächlichen Bodenschätzen armen Landes sei dessen herausragendes Bildungssystem. Gemessen an seiner Bevölkerungszahl von aktuell rund 9,5 Millionen Menschen, bringe Israel überproportional viele Nobelpreisträger hervor.

„Seit 75 Jahren muss sich Israel seiner Haut erwehren“, rief der Redner in Erinnerung. Vom ersten Tag seiner Existenz an habe es sich einer permanenten Bedrohungssituation von außen ausgesetzt gesehen. Dass die westliche Welt immer glaubt, mit großem Pathos explizit das „Existenzrecht Israels“ betonen zu müssen, kann er nicht nachvollziehen. Bei anderen Staaten sei deren Existenzrecht eine Selbstverständlichkeit, die nicht öffentlich in Abrede gestellt werde, sieht man von aktuellen Gegenbeispielen (Ukraine, Taiwan) einmal ab. Aus seiner eigenen Erinnerung erzählt Feilcke, dass Israel noch während des „Sechstagekrieges“ im Juni 1967 als erfolgreicher „David“ im Kampf gegen einen scheinbar übermächtigen „Goliath“ wahrgenommen worden sei. Dies habe sich später radikal geändert, als man plötzlich Israels arabischen Nachbarn die Rolle des „David“ zuschrieb.

Ostpreußendamm grüßt Israel zum 75. Geburtstag

Ostpreußendamm grüßt Israel zum 75. Geburtstag

Die aktuellen innerisraelischen Debatten um die Justizreform sieht Jochen Feilcke differenziert: Das Land sei tief gespalten zwischen den mittel- und osteuropäischen Juden und ihren Nachfahren, den Aschkenasen (Aschkenasim), und den Sepharden (Sephardim), von denen viele aus Nordafrika stammen. Während die eher linksliberalen Aschkenasen das Land über Jahrzehnte geprägt hätten, schwinde deren Einfluss zunehmend zugunsten der konservativeren Sepharden. Auf den Straßen israelischer Großstädte wird leidenschaftlich um den richtigen Weg des Landes gerungen. „Das ist der beste Beweis dafür, dass Israel ein demokratisches Land ist“, tritt Feilcke einer Argumentation entgegen, wonach die Demokratie in Israel gefährdet sei.

Wie ein vorweggenommenes Fazit und eine Reminiszenz an das Motto „Vielfalt leben“ klang der kurze Satz, mit dem er die Quintessenz seiner Botschaft zusammenfasste: „Israel ist unglaublich vielseitig“. Menschen aus aller Welt und viele Religionen lebten dort auf relativ kleiner Fläche zusammen. Das Land sei geprägt von Zuzug und Migration. So seien allein nach dem Zusammenbruch der UdSSR seit Anfang der 1990er Jahre rund 1,2 Millionen jüdische Russen eingewandert, die aber bestens integriert würden. Feilcke wies darauf hin, dass Israel zwar nur zwei Drittel der Größe Brandenburgs einnehme, aber das Vierfache an Einwohnern zähle.

Ehrenamt macht glücklich - auch im Kommunikationszentrum am Ostpreußendamm

Ehrenamt macht glücklich - auch im Kommunikationszentrum am Ostpreußendamm

Begleitet wurde der DIG-Vorsitzende von seiner Vorstandkollegin Kathrin Koelle. In ihrer kurzen Ansprache zur Eröffnung einer kleinen Fotoausstellung wies sie auf die wichtige Rolle israelisch-deutscher Schulpartnerschaften hin, die sich vielerorts unter dem Dach von Städtepartnerschaften etabliert hätten. Mit einer solchen Schulpartnerschaft kann seit Juni 2022 auch Steglitz-Zehlendorf aufwarten, als sich die ORT Kiryat Bialik School aus der Partnerstadt Kiriat Bialik und das Dreilinden-Gymnasium vertraglich aneinanderbanden.

Zum 75. Geburtstag: Eine Rose für Israel

Zum 75. Geburtstag: Eine Rose für Israel

Etappe 2 am 27. Mai 2023: Let’s fetz mit KlezFez

Am zweiten Veranstaltungstag, dem 27. Juni 2023, standen israelische Wohlfühlklänge im Mittelpunkt: Das Ensemble KlezFez unter der Leitung des Klarinettisten Jakob Altendorf entführte mit virtuosem Spiel, Leichtigkeit und Leidenschaft in die Welt der traditionellen Klezmer-Musik. Diese Musik deckt die ganze Bandbreite der Gefühle ab: von Lachen und Weinen bis hin zu mitreißender Fröhlichkeit, die alle in ihren Bann schlägt. Begleitet wurde der Klarinettist durch zwei kongeniale Musiker am Akkordeon und E-Bass.

Ausblick auf die Etappen 3 bis 5

Die dritte Etappe der Vielfalt-leben-Reihe führt am 29. August 2023 in das „Centrum Judaicum“ in der Oranienburger Straße. Israelische Literatur steht im Mittelpunkt der Veranstaltung am 24. Oktober. Zum Abschluss am 28. November gibt sich die Israelische Botschaft die Ehre, eine Delegation des Ostpreußendamms zu empfangen.

Steglitz-Zehlendorf unterhält langjährige Städtepartnerschaften mit den israelischen Kommunen Kiriat Bialik (seit 1968) und Sderot (seit 1975). Hinzu kommt seit Juni 2022 eine bilaterale Schulpartnerschaft. Die Kontakte zwischen Steglitz-Zehlendorf und dem befreundeten Kibbuz Bror Chail sind hingegen etwas eingeschlafen. 2002 hat die bislang letzte Begegnung von Jugendlichen beider Seiten stattgefunden. Als letzte Kibbuz-Neugründung vor der Unabhängigkeitserklärung des Staates Israels war Bror Chail am 19. April 1948 entstanden. Der Kibbuz liegt rund 10 km von der Partnerkommune Sderot entfernt.

Sich auf allen Ebenen für die Sicherheit des Staates Israel einzusetzen, ist zu Recht Teil der deutschen Staatsräson. Dies hatte die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel bei ihrer Rede vor der Knesset, dem israelischen Parlament, im Jahr 2008 nochmals unmissverständlich klargestellt. An diesem Grundsatz ändern auch unterschiedliche Bewertungen tagespolitischer Ereignisse nichts. Gerade im Jubiläumsjahr des Staates Israel stehen diejenigen Bezirke besonders im Fokus, die auf der kommunalen Ebene Beziehungen zu israelischen Partnern pflegen.

Die große Wertschätzung, die der Staat Israel in der Berliner Politik genießt – sowohl auf der Bezirks-, als auch auf der Landesebene, unterstreicht der Besuch des neuen Regierenden Bürgermeisters Kai Wegner am 28. April 2023 auf dem „Israeltag Berlin“. Es war gleichzeitig der erste öffentliche Termin des nur einen Tag zuvor vom Abgeordnetenhaus gewählten Politikers. Bei der Veranstaltung auf dem Wittenbergplatz ließen sich viele Besucherinnen und Besucher von israelischer Lebensfreude anstecken und genossen bei Tanz und Livemusik Spezialitäten aus der Küche des nahöstlichen Landes.